Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Herren, sehr geehrte Damen, liebe Bürger und Bürgerinnen,
zunächst einmal möchte auch ich mich bei Ihnen Frau Professor Dr. Diemert bedanken, nicht nur für einen Haushalt im Plus, sondern auch für Ihre sachkundigen und transparenten Antworten, die Sie uns in den vergangenen Jahren gaben. Um ein Ergebnis von 2,1 Millionen € Überschuss zu erzielen, mussten Sie und Ihr Team sicher lange und akribisch suchen. Und das geht nur, wenn man diese Affinität zu Zahlen und Ihre besondere persönliche Freundlichkeit mitbringt.
Da ich Sie ja schon lange vor Ihrem Amtsantritt kennenlernen durfte, hatte ich bereits zu Beginn gesagt, liebe Kollegen und Kolleginnen: „Frau Professor Dr. Diemert wird nicht lange bei uns bleiben, dafür ist sie viel zu kompetent!“
Nun, ich hatte leider recht. Aber auch in dieser kurzen Zeit konnten Sie intern viel bewegen und zu unserem Vorteil steuern. Ganz herzlichen Dank! Und, ich vermute, auch Sie konnten von uns etwas lernen, wahrscheinlich sind Sie jetzt bestens auf den „Kölschen Klüngel“ vorbereitet.
Ihrem Nachfolger wünsche ich das gleiche Geschick. Als ehemaliger Referent des Finanzministers in NRW dürften Ihnen Zahlen ebenfalls im Blut liegen.
Und, ich kann mich ganz besonders freuen, denn Herr Murrak hat in seiner kurzen Zeit als unser Digitaldezernent eine meiner Forderungen – seit meiner Wahl – bereits umgesetzt: Unsere Verwaltung wird Open Data angehen. Also Verwaltungsdaten, die ohnehin erhoben werden müssen, werden datenschutzkonform veröffentlicht. Sie bieten so Material für beispielsweise Startups und sie ermöglichen mehr Bürgerservice, so wie man es in unserer Nachbarstadt Moers bereits erleben kann. Vor zwei Jahren lud ich deren E-Government-Leiter zu uns ein. Aber damals war an einen solchen Schritt leider noch nicht zu denken. Herzlichen Dank also auch Ihnen, Herr Murrak und weiterhin viel Erfolg, diese unsere Stadt transparenter zu gestalten. Wir können es sehr gebrauchen.
Liebe Duisburger und Duisburgerinnen,
dass unser Haushalt bei Weitem noch nicht bis ins Detail nachvollziehbar ist, lassen Sie mich bitte an einem kleinen Beispiel demonstrieren.
Ich beginne mit einem Zitat von MdL Börner: „Das Geld, das das Land NRW spart, weil Lehrerstellen nicht besetzt sind, darf nicht weiter zur Haushaltssanierung herangezogen werden!“ Recht hat er: Für Stellen, die nicht besetzt werden, muss man kein Geld ausgeben, das bleibt im Haushalt. Und ja, auch bei uns sind 500 Stellen in der Duisburger Verwaltung nicht besetzt. Wenn ich dann vielleicht einmal hochrechnen darf und nur ein
Bruttogehalt von 2500 € zugrunde lege, komme ich auf pro Jahr, also 2500 x 12 x 500 gleich 15 Millionen €. Und nun rechnen wir unseren diesjährigen Überschuss dagegen; da fehlen also noch 13 Millionen. Wo sind diese? Oder anders gefragt, wann wurde dieses Gremium hier gefragt, was wir mit 13 Millionen machen könnten. Mehr Schulsozialarbeiter? Oder mehr Streetworker? Diese bräuchten wir nicht nur in unserer Innenstadt, sondern auch im Rotlichtviertel.
Oder, wollen wir vielleicht diese offenen Stellen gar nicht besetzten? Damit das Geld im Haushalt bleibt? Und, wo geben wir das Geld denn nun wirklich hin? Eine Vermutung liegt nahe: Unsere städtischen Tochtergesellschaften sind ja nicht immer alle so flüssig.
Liebe Duisburger und Duisburgerinnen, liebe Mitarbeiter der Verwaltung,
während Sie sich abrackern und versuchen, Ihre Arbeit und zusätzlich die der nicht vorhanden Kollegen mit zu erledigen, bezahlen wir den Geschäftsführern sowie den oberen Etagen unserer städtischen Gesellschaften Jahresgehälter, von denen Sie nur träumen können! Eine Schande ist das, welch unfaire Bezahlung wir hier an den Tag legen. Und eine Schande ist es, dass wir offene Stellen in den unteren Etagen generell nicht besetzt bekommen. Eine Schande ist es, dass dadurch ganze Ämter zusammenbrechen und dass Bürger und Bürgerinnen darunter leiden müssen.
Nun, es ist auch eine Schande, wie lange der Aufzug an der U-Bahn-Station in Duissern nicht funktioniert. Die vielen Gehbehinderten, die hier zur Arbeitsagentur müssen, interessieren uns anscheinend nicht wirklich. Und ausgelöst wurde dieses Problem, wie so oft, durch eine missglückte Auftragsvergabe. Deshalb bekommen wir schon heute keine Ersatzteile mehr. Eine Schande ist das, wie kurzfristig hier gedacht wurde. Oder lag es vielleicht doch am Personalmangel? Auf jeden Fall ist es eine Schande, dass wir oft nicht langfristig genug und nachhaltig denken, dass wir immer wieder viel zu teuer einkaufen. Die Tische und Stühle, an denen wir hier sitzen, sind Paradebeispiele: Viel zu teuer ist eine solch anfällige Mikrofontechnik. Unnötige, höchst altmodische Steckdosen im Tisch, ein Haken unter der Tischplatte, den keiner wirklich nutzen kann. Die Tischkanten sind so schlecht verarbeitet, dass die Stühle schon jetzt Druckstreifen bekommen. Die Tischbeine lagen wahrscheinlich irgendwo auf Lager. Reste wurden hier verarbeitet und uns viel zu teuer verkauft. Eine Schande ist es, wie hier mit unserem Haushaltsgeld herumgeaast wird!
Für was bitte? Welches Ziel steckt wirklich dahinter?
Eine Schande ist es, wie viele Millionen wir für versenkbare Poller bezahlten und noch bezahlen werden! Die Stadt Essen gab nur 400.000 € aus, um ihren Weihnachtsmarkt abzusichern. Ist man in der grünen Hauptstadt etwa dümmer? Nein, Essen ist stattdessen dem Deutsch-Europäischen Forum für Urbane Sicherheit e. V. (DEFUS) beigetreten und
hat sich beraten lassen. Eine Schande ist es, dass wir immer wieder besserwisserisch auf die Nase fallen. Ich hätte die einfache Lösung bevorzugt und lieber 10 Personen eingestellt, die an Eventtagen nicht nur nach herumstehenden Koffern, zu schnell fahrenden Fahrrädern und auffälligen LKWs Ausschau halten, sondern auch dem einen oder anderen Besucher den Weg zur nächstgelegenen öffentlichen Toilette erklären können. Service statt Hightech, die dann irgendwann doch gehackt werden kann.
Eine Schande ist auch, dass wir nicht von Anfang an auf unsere Bürger und Bürgerinnen hören, wie z. B. auf die am Angerbach oder die in Wedau oder die Hornitexer oder die Ruhrorter, die die Mercatorinsel weiterhin unbebaut sehen wollen. All diese Projekte werden uns noch viele Bauchschmerzen bereiten. Und das nur, weil wir keine echte Bürgerbeteiligung umsetzten, einzelne Besserwisser haben bei uns das Kommando. Die Alte Feuerwache hätte schon längst ein soziokulturelles Zentrum sein können. Das wäre dann mal ein Gewinn gewesen.
Übrigens, in anderen Städten ist man schon weiter. Dort nimmt man den Bürger wirklich ernst und nennt ihn Kompetenzträger. Außerdem bin ich mir sicher, für Projekte, die ohne echte Bürgerbeteiligung abgewickelt werden, zahlen wir am Ende unterm Strich viel viel mehr.
Genauso werden wir die Baumschutzsatzung wieder einführen müssen, weil man von uns Maßnahmen verlangen wird. Die Messergebnisse werden schon bald überall die Grenzwerte überschreiten. Ja, eine Schande ist es, dass wir nicht gleich auf unsere engagierten Bürger und Bürgerinnen hörten. Nun gammelt eine Rhein-Ruhr-Halle vor sich hin, im Kant-Park haben wir uns für den falschen Landschaftsarchitekten entschieden.
Und wenn wir nicht schnellstens Sozialwohnungen gleichmäßig auf alle Stadtteile verteilen, werden unsere Billig-Wohngegenden weiterhin für Gesprächsstoff sorgen – und unser Rotlichtviertel wird davon profitieren. Eine Schande ist das.
Ja und es ist auch eine Schande, dass unser Logistikstandort im Hafen, ohne Rücksicht auf die Bürger und Bürgerinnen unserer Stadt, einfach so wachsen darf. Wer es sich leisten kann, sucht das Weite. Die anderen müssen Lärm, kaputten Asphalt und auf der Straße lebende LKW-Fahrer ertragen. Gleichzeitig ist die Lagerfläche in unserem Hafen aber so billig, dass die Überproduktionen aus China – und ja, natürlich auch Stahl – hier super günstig zu lagern sind. Eine Schande ist das!
Liebe Duisburger und Duisburgerinnen,
auf dem Rücken der Verwaltungsmitarbeiter leisten wir uns ein Plus im Haushalt. Aber auch dieses Plus ist ja nur ein Plan, es heißt ja Haushaltsplan. Vielleicht brauchen wir den Überschuss dann später doch für The Curve im Innenhafen? Tja, noch so eine Schande.
Liebe Duisburger und Duisburgerinnen,
lassen Sie sich nicht entmutigen und fordern Sie weiterhin Transparenz und echte Bürgerbeteiligung. Machen Sie weiter, machen Sie mit, diese Schanden müssen weg!
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.